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Mutismustherapie - eine Gratwanderung?
Mutismus und Autismus
- Zeiten:
- 22. April 2023
10:00 bis 17:15 Uhr - UE:
- 8
Unterrichtseinheiten - Ort:
- Gebühr:
- 139 €
- Punkte:
- 4
Fortbildungspunkte - Für:
- Logopädie
- Von:
- KiST-Hannover
Ralf von der Heide
- Mit:
- Grit Mallien
Beschreibung
- Ist Mutismus „selbstgemacht“, vererbt oder Trotz?
- Und ab wann ist er (s)elektiv?
- Trägt Mutismus Grundzüge des Autismus?
- Wie stark sind die Auswirkungen auf die Familie und wie schwer betroffen ist der Mutist selbst?
- Ab wann ist eine Therapie notwendig oder verwächst sich das – aber was eigentlich?
- Das Schweigen, die Schüchternheit, die Angststörung, die Antriebsstörung, die „Bockigkeit“?
Wer von Mutismus betroffen ist – Mutist oder Elternteil – spürt das Gefühl der Ohnmacht, das sich vor allem bei den Zuschauern einstellt. Der Betroffene manövriert sich unter den Augen Aller in ein gesellschaftliches und soziales Aus. Dass noch heute renommierte Fachleute von einer „Trotzphase“ reden, verwundert. Mutismus ist mehr als Schüchternheit oder eine Art von „Gelassenheit“. Die Zeit läuft und zwar seit der frühen Kindheit, denn viele Betroffene starten ihre „Karriere“ bereits im Kindergartenalter. „Mutismus hat aber keine Zeit“ (Boris Hartmann). Schweigen bedeutet Isolation und Einsamkeit und kann im schlimmsten Fall zu Depression und angstinduzierter Selbstgefährdung führen.
Die Fachliteratur ist derzeit noch sehr divers und meines Erachtens nicht immer zielführend. Es gibt vor allem Falldarstellungen, so genannte Kasuistiken. Studien zu Behandlungsverläufen sind in den meisten Fällen nicht evidenzbasiert und größtenteils sehr unspezifisch. Das System „Mutismus“ hat ja noch nicht mal einen eigenen Sendeplatz in der Logopädie, in der Neuropsychologie hingegen auch nicht.
Ich arbeite in meiner Praxis seit 7 Jahren mit (selektiven) Mutisten nach dem Konzept der „Systemischen Mutismus Therapie“ (SYMUT®), entwickelt von Dr. Boris Hartmann, dem Mutismus-Experten in Deutschland. Diese direktive Behandlungsmethode ist auf das Sprechen ausgerichtet und das kann und muss das einzige Ziel sein, Betroffene zurück zur verbal basierten Kommunikation zu bringen. „Safe places“ finden in unserer Gesellschaft leider wenig Akzeptanz und Schweigen ist ein „Charakterzug“, der sehr schnell auf Ablehnung stößt. Schweigen ist ein gesellschaftliches NoGo!
Bei der Arbeit mit meinen Patienten über alle Altersklassen hinweg fällt auf, dass Erziehungsmuster des familiären Systems das Schweigen oftmals noch triggern. Verhaltensmaximen nach dem in Tel Aviv entwickelten Prinzip der New Authority sollen Eltern aber auch Kindern und Jugendlichen helfen aus dem Schweigen auszubrechen und den Weg zurück in die „normale Alltagskommunikation“ zu finden. Dieses Training ist ein Programm, das von einer Gruppe von Therapeuten und Wissenschaftlern um Idan Amiel und Prof. Haim Omer am Schneider Medical Center in Tel Aviv, Israel, entwickelt wurde. Es basiert auf dem Konzept der gewaltfreien Kommunikation.
Mutismus ist kein Zufall, aber auch kein Schicksal. Man muss sich dem Schweigen aktiv entgegenstellen, so früh wie möglich – für das Recht eines Jeden auf verbale Interaktion und das Sein als „sprach- und vernunftbegabtes Tier“ – für das Recht auf Menschsein.
Alle Infos und Anmeldung: www.kist-hannover.de